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Vernehmlassung per Email bis 2. Juli 2018

Städtische Kulturförderung – Schwerpunkte und Mittelverwendung der Präsidialdirektion 2020 – 2023

Liebe Kün­st­lerin, lieber Kün­stler
Liebe Kun­stschaf­fende
Liebe Inter­essierte und Fre­unde

In der Kun­st­förderung der Stadt Bern ste­hen wichtige Entschei­dun­gen an, die grosse Auswirkun­gen für die Bildende Kun­st und ihre Vertreterin­nen und Vertreter haben. Es ist wichtig, sich jet­zt zu engagieren und sich für die Inter­essen einzuset­zen. Bitte antwortet mehrstim­mig und viel­seit­ig bis Ende Juni 2018 auf die städtis­che Vernehm­las­sung per Mail oder per Frage­bo­gen:

http://www.bern.ch/themen/kultur/kulturfoerderung/aktuell

kulturelles@bern.ch

Für die Jahre 2020 bis 2023 hat die Abteilung Kul­tur der Stadt Bern die Vier­jahre­s­pla­nung für die Kul­tur­förderung veröf­fentlicht. Diese Vor­lage ist jet­zt in der Vernehm­las­sung. Das bedeutet, dass sich alle Inter­essierten dazu äussern kön­nen. Die Vier­jahre­s­pla­nung entschei­det, wohin die Mit­tel der Kul­tur­förderung fliessen und welche Kun­stsparten und Insti­tu­tio­nen wie stark gefördert wer­den sollen. Es regelt die Förderung von Insti­tu­tio­nen und legt fest, wie viel Geld der Abteilung und den Kom­mis­sio­nen für welchen Zweck zur Ver­fü­gung ste­ht. Mit den freien Mit­teln der Kom­mis­sio­nen wer­den direkt und gezielt Kul­turschaf­fende und ‑pro­jek­te gefördert. Diese Förderung bes­timmt in grossem Masse über die finanziellen Möglichkeit­en und damit in viel­er Hin­sicht das Poten­zial und die Aktiv­ität ein­er Szene.

Ins­ge­samt soll der Kul­tur in der Stadt Bern kün­ftig 7% beziehungsweise CHF 2’275’000.– mehr zufliessen. Es find­et keine lin­eare son­dern eine gezielte Anpas­sung der einzel­nen Sparten statt.
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Kunstkommission / Statement Franz Krähenbühl

Stel­lung­nahme zu Punkt 4 des Vernehm­las­sungs­frage­bo­gens: Vier­jahre­s­pla­nung 2020–2023 der städtis­chen Kul­tur­förderung
Zweck­bindung und Höhe der einzel­nen Bud­gets der direk­ten Förderung.

Kun­stkom­mis­sion:

Wir fordern CHF 532’500.– für die Kun­stkom­mis­sion.  Diese set­zten sich zusam­men aus: CHF 317’500.– freie Kun­st­förderung (80’000.– bish­er plus 237’500.– inkl. Arbeit); CHF 100’000.– Off-Spaces; CHF 60’000.– Stadt­ga­lerie; CHF 25’000.– BONE; 30’000.– Kun­stankauf

Wir wollen eine aktive und lebendi­ge Kun­st­szene in Bern, die von der Stadt geschätzt und finanziell angemessen berück­sichtigt wird.

Begrün­dung:

Die freien Mit­tel für die Kun­stkom­mis­sion wer­den von CHF 200’000.– auf CHF 225’000.– erhöht. In Anbe­tra­cht der a) zu leis­ten­den Auf­gaben dieser Kom­mis­sion, b) des effek­tiv­en Bedarfs der bilden­den Kun­st, c) der Forderung an den Sze­nege­sprächen und d) im Ver­gle­ich zur Etater­höhung ist dieser Betrag allerd­ings erhe­blich zu tief und e) ver­passt eine über­fäl­lige Anpas­sung.

  1. Die als freie Mit­tel klassierten Gelder der Kun­stkom­mis­sion sind effek­tiv nur mit Ein­schränkung frei ver­füg­bar. Von den CHF 200’000.– fliessen im Moment CHF 60’000.– an die Pro­duk­tion­skosten der Stadt­ga­lerie, CHF 20’000.– sind für alter­na­tive Kun­sträume, Off-spaces und Artist-run-spaces reserviert und unge­fähr CHF 18’000.– fliesst als Unter­stützung an das grösste nicht-insti­tu­tionelle von der Kun­stkom­mis­sion mit­fi­nanzierte Pro­jekt BONE, sowie nochmals unge­fähr dieser Betrag an Kun­stankauf durch die Stadt. Die Kom­mis­sion ver­fügt also nur über knapp CHF 80’000.– um Kun­stschaf­fende, deren Werke und Ausstel­lun­gen lokal wie auch nation­al zu unter­stützen. Nur eine Auswahl der Gesuche wer­den unter­stützt. Dabei han­delt es sich meist um aufwändi­ge Ausstel­lun­gen und Grosspro­jek­te, die Wochen­lange Pla­nung, Recherche, Auf­bau und Koor­di­na­tion bein­hal­ten, die mit grösseren Pro­duk­tio­nen ander­er Sparten ver­gle­ich­bar sind. In Anbe­tra­cht der Anzahl Kun­stschaf­fend­en, Ausstel­lun­gen, Ini­tia­tiv­en und Pro­jek­te kann dieser Betrag nur ansatzweise Kun­stschaf­fen unterstützen.Mit CHF 200’000.– sind die Kun­stkom­mis­sion und die Lit­er­aturkom­mis­sion im Ver­gle­ich zur Musik (CHF 615’000.–) und dem Theater/Tanz (CHF 1’000’000.–) finanziell ger­ing aus­ges­tat­tet.
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  2. Zur Zeit ver­anstal­ten 10–15 Off-Spaces und Ini­tia­tiv­en ein reich­haltiges und aufwändi­ges Ausstel­lung­spro­gramm mit ein­er Vielzahl an lokalen bis inter­na­tionalen Kun­stschaf­fend­en. Diese Pro­jek­te sind nicht kom­merziell aber befind­en sich vielfach in ein­er sehr prekären finanziellen Sit­u­a­tion. Das diesen Pro­jek­ten zufliessende Geld (CHF 20’000.–) reicht nicht aus, um Reisen, Trans­portkosten, Mate­r­i­al und Kom­mu­nika­tion­saufwände zu bezahlen. Die Arbeit der Kun­stschaf­fend­en, die nicht sel­ten vergängliche, nicht verkauf­bare Pro­jek­te umset­zen, als auch der Betreiberin­nen und Betreiber ist weit­ge­hend unbezahlt, was länger­fristig finanziell nicht trag­bar ist. Ein­ma­lig wurde der Betrag 2018 von CHF 20’000.– auf CHF 70’000.– erhöht. Selb­st dieser Betrag deckt längst nicht alle Kosten. Den Off-Spaces, die durch zusät­zliche Gesuche bei Stiftun­gen und Kan­ton den Förderun­ter­stützung mul­ti­plizieren, muss kon­stant ein Betrag von CHF 100’000.– zukom­men. Die beschriebene Sit­u­a­tion der Off-Spaces ste­ht exem­plar­isch für alle Bere­iche in den bilden­den Kün­sten.
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  3. In den Sze­nege­sprächen wurde eine Erhöhung des freien Bud­gets der Kom­mis­sion (exk­lu­sive des Betrags Stadt­ga­lerie, Off-Space, BONE und Kun­stankauf) auf CHF 300’000.– gefordert. Rund 30–35 grössere Pro­jek­te und Ausstel­lun­gen wer­den jährlich durch die Kun­stkom­mis­sion gefördert mit Beträ­gen, die das Mate­r­i­al knapp deck­en. Durch­schnit­tlich arbeit­en 1–2 Per­so­n­en während 2–4 Wochen an diesen Pro­jek­ten. Wird diese Zeit berech­net und ana­log der Prax­is im The­ater mit ein­er Wochen­pauschale von CHF 1’250.– vergütet[1], dann gibt das eine zusät­zliche Forderung von CHF 237’500.– (30–35 Pro­jek­te x 1–2 Per­so­n­en x 2–4 Arbeitswochen x CHF 1’250.– Wochen­pauschale). Dazu kom­men die bish­eri­gen Mate­ri­al­beiträge von rund CHF 80’000.– (vgl. effek­tive freie Mit­tel).[2]
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  4. Die Fes­tle­gung der Beträge für die fol­gende Peri­ode stützt sich ein­er­seits auf die vor­ange­hen­den Förder­be­träge und ander­er­seits auf das Total der in den Gesuchen geforderten Beträge im Jahr 2017. Diese Prax­is hat in der bilden­den Kun­st zwei grund­sät­zliche his­torische und struk­turelle Prob­leme: 1. Die Förderung in der bilden­den Kun­st ging lange davon aus, dass der Künstlerin/dem Kün­stler am Ende ein Werk zur Ver­fü­gung ste­ht, das verkauft die Kosten für Aufwand und Arbeit deckt. Mehr und mehr hat sich eine kün­st­lerische Prax­is von einem ver­mark­t­baren Pro­dukt ent­fer­nt in Rich­tung prozes­sori­en­tiert­er, ephemer­er, recherchen­basiert­er, exper­i­menteller, ortsspez­i­fis­ch­er Kun­st.[3] Sel­ten lässt sich diese Kun­st verkaufen, kaum je deckt es die gesamten Aufwände. Der ungedeck­te Betrag wird durch andere Jobs quer­sub­ven­tion­iert oder ist Selb­staus­beu­tung der/des Kun­stschaf­fend­en. 2. Die Prax­is fast auss­chliesslich für Mate­ri­alaufwand nicht aber für Arbeit ein Gesuch zu stellen, wurde über viele Jahre durch die Kun­st­förderung in ihrer Beitragshöhe bestätigt, die nur Kle­in­st­be­träge sprach bzw. eben sprechen kon­nte. So hat sich die Gesuchshöhe auf diesem viel zu tiefen Niveau eingepen­delt und hat zu dieser dop­pel­ten Benachteili­gung geführt. Das Einzelun­ternehmer­tum Kun­st hat mit Vis­arte zudem eine sehr schwache Inter­essensvertre­tung, die sich keine kollek­tive Stimme (mehr) gewohnt ist.
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  5. Ver­gle­icht man beispiel­sweise im Ref­eren­z­jahr 2016 die total geforderten Beiträge an die Kom­mis­sion prozen­tu­al mit den zuge­sproch­enen Beträ­gen wird ersichtlich, dass in der neuen Vernehm­las­sung eine notwendi­ge Kor­rek­tur ver­passt wurde. In der Kun­st wur­den 42% der total geforderten Beträge gesprochen, im The­ater 46%, in der Musik 49% und in der Lit­er­atur 60%.[4]

 

Die Abwan­derung zahlre­ich­er Kun­stschaf­fend­er nach Zürich oder Basel ist nicht zulet­zt eine Folge aus diesen finanziell schwieri­gen Umstän­den. Die Förderung durch die Stadt ist die wichtig­ste und bedeu­tend­ste Förderung für die Bildende Kun­st in Bern. Jet­zt beste­ht die Möglichkeit und Dringlichkeit, die stossende Benachteili­gung zu kor­rigieren. Es ist an der Zeit endlich eine über­fäl­lige Kor­rek­tur wahrzunehmen. Die Kom­mis­sion Kun­st muss deut­lich mehr Mit­tel zur Ver­fü­gung haben, bevor neue grosse Finanzierungstöpfe geschaf­fen ober beste­hende zusät­zlich ali­men­tiert wer­den, die ausser­halb von Kom­mis­sio­nen geführt wer­den (vgl. Neu: Pro­mo­tion und Dis­tri­b­u­tion plus CHF 150’000.–; Infra­struk­turen Alt­stadt plus CHF 100’000.–; Ate­liers und Infra­struk­turen plus 221’000.–; oder Ausseror­dentliche Beiträge plus 155’000.–)

Deshalb fordern wir CHF 532’500.– für die Kun­stkom­mis­sion. Diese set­zten sich zusam­men aus: CHF 317’500.– freie Kun­st­förderung (80’000.– bish­er plus 237’500.– inkl. Arbeit); CHF 100’000.– Off-Spaces; CHF 60’000.– Stadt­ga­lerie; CHF 25’000.– BONE; 30’000.– Kun­stankauf)

Wir wollen eine aktive und lebendi­ge Kun­st­szene in Bern, die von der Stadt geschätzt und finanziell angemessen berück­sichtigt wird.

 

Her­zlichen Dank!

Franz Krähen­bühl

 

[1] Oder mit dem branchenüblichen Ansatz nach Vis­arte CHF 60.–/h

[2] Im Vor­wort des Stadt­präsi­den­ten (S. 2) wird gefordert, dass die Arbeit der pro­fes­sionellen Kun­stschaf­fend­en bess­er anerkan­nt wer­den soll, faire Arbeits­be­din­gun­gen gel­ten und Förder­beiträge branchenüblichen Gagen entsprechen sollen.

[3] Diese Erweiterung des Kun­st­be­griffs wurde in Szenenge­sprächen the­ma­tisiert und in der Vernehm­las­sung aufgenom­men vgl. S. 5 «…wurde der Kul­turbe­griff geweit­et und die Förderung ver­mehrt auf die heuti­gen Anforderun­gen aus­gerichtet». Weit­er will die Kul­tur­förderung «neue Arten von Kul­tur unter­stützen, ver­mehrt gemein­sam, spon­tan pro­duzierte Kul­tur ermöglichen..» (S. 8).

[4] Vgl. Tätigkeits­bere­icht 2016, Abteilung Kul­tur Stadt Bern, S. 12.