Aus aktuellem Anlass:
Zur Zeit gibt es einige Podien und Diskukssionsrunden. Die Berner Kulturkonferenz hat im Grobkonzept dazu Material geliefert — das könnte man jetzt verwenden und diskutieren:
KiöR
Autoren: Juerg Luedi, Günther Ketterer
1. Eine zentrale Forderung ist, dass für Kunstschaffende im öffentlichen Raum eine Fachperson als Ansprechpartner mit koordinierender und beratender Befugnis bestimmt wird, die interne Abläufe im Kultur‑, Hoch- und Tiefbaubereich kennt. Diese Stelle nimmt beispielsweise Gesuche entgegen, berät und koordiniert beim Bewilligungsverfahren und übernimmt eine Unterstützungsfunktion bei der praktischen Umsetzung., da es keine transparent geregelten Verfahrensabläufe bei Gesuchen für Bewilligungen und Finanzierung von KiöR-Projekten gibt. Das bereits bestehende, städtische Veranstaltungsmanagement kann hier aus unserer praktischen Erfahrung keine fachliche Unterstützung bieten, wenn auch die Entgegennahme sehr zuvorkommend ist. Es gibt beim VM ein standardisiertes Formular. Dieses berücksichtigt aber nur mangelhaft die Bedürfnisse und Fragestellungen, die sich bei KiöR stellen. Die Reglementierungen/Verordnungen der öffentlichen Hand werden den Fragestellungen, die in einem künstlerischen Kontext stehen, nicht gerecht. Wenn jemand beispielsweise mit einer Intervention die Randsteine der Hodlerstrasse koloriert, handelt es sich nicht um eine Strassenmarkierung gemäss Verkehrsgesetz (Zuständigkeit Bund) und sollte daher auch nicht ausschliesslich unter diesem Blickwinkel begutachtet werden.
Grundsätzlich ist das Bewilligungsverfahren für KiöR intransparent. Es ist immer wieder eine Überraschung, welches Amt und welche Behördenstelle Einspracheberechtigt sind.
1.a. Nicht nur für Kunstschaffende im öffentlichen Raum, sondern spartenübergreifend für alle, ist eine städtische Stelle für Raum- und Ateliervermietungen sowie Zwischennutzungen zu schaffen. Sie fungiert als Schaltstelle, koordiniert Bedarf und verfügbaren Raum, definiert und aquiriert aktiv neuen Raum. Eine solche Aufgabe könnte auch ausgegliedert werden, beispielsweise an den Progr.
2. Die Gruppe KiöR fordert weiter, dass im Rahmen des laufenden Stadtplanungsprozesses Schützenmatt diese als Raum für zeitgenössisches performatives und partizipatives Kunstschaffen zur temporären Nutzung zur Verfügung gestellt wird.
3. In den Fachkommissionen sollte weniger Verwaltung drinstecken. Aus den Kommissionen wird beispielsweise ein fachlich qualifiziertes, nachvollziehbares Feedback erwartet, gerade auch bei Absagen. Es reicht nicht, wenn Kunstschaffende teils Stunden in ein Gesuch investieren und danach keine Rückschlüsse ziehen können, welche Kriterien bei einer erneuten Anfrage optimiert werden müssen. «Künstlerische Qualität ungenügend» als Absagegrund ist nicht verwertbar und zeigt auch einen mangelnden Respekt gegenüber dem Einsatz seitens des Gesuchstellers/der Gesuchstellerin.
4. Bei KiöR sollen Projektbeiträge möglich werden. Zur Zeit werden von der Kommission KiöR unseres Wissens nur eigene Ideen/Projekte gefördert.
5. Die Kommission KiöR sollte aktiver gegen aussen auftreten und kommunizieren, wie das Reglement angewendet wird. Die lokalen Kulturschaffenden sollten besser integriert werden, nicht nur als personelle Vertretung in der Kommission.
6. Die Gruppe macht im weitern auf die problematische Praxis aufmerksam, dass Kulturgelder in andere Direktionen verlagert werden, beispielsweise in die Direktion für Bildung, Soziales und Sport. Dort werden diese Gelder aber in Projekte investiert, die mit Kunst- und Kulturvermittlung wenig bis nichts zu tun haben. Ein solcher Substanzverlust ist nicht zu unterschätzen.
7. KiöR hat ein grosses Potential, welches nicht wirklich wahrgenommen wird. Je nach Standort einer Arbeit/eines Projektes kann über längere Zeit sehr grosses Laufpublikum erreicht werden. Damit sich dieses Publikum aber überhaupt als solches wahrnehmen kann, sollte eine Form/ein Forum gefunden werden, wo Fragen, Inhalte und Projekte aktiv kommuniziert und vermittelt werden können. Da der öffentliche Raum alle etwas angeht, sollte dessen Problemstellungen auch öffentlich diskutiert und verhandelt werden.
Leitsätze KiöR
- Für Kunstschaffende im öffentlichen Raum muss eine Fachperson als Ansprechpartner mit koordinierender und beratender Befugnis bestimmt werden, welche interne Abläufe im Kultur‑, Hoch- und Tiefbaubereich kennt.
- Um einen Überblick über die Entwicklung und Vielgestaltigkeit der Kunst im öffentlichen Raum zu schaffen, der auch Veränderungen und allmähliches Verschwinden dokumentiert, wird ein vollständiges Inventar aller Werke erstellt. Dieses wird der Öffentlichkeit digital zugänglich gemacht.
- Aus den Kommissionen wird ein fachlich qualifiziertes, nachvollziehbares Feedback erwartet, gerade auch bei Absagen. Kunstschaffende müssen Rückschlüsse ziehen können, welche Kriterien bei einer erneuten Anfrage optimiert werden können. «Künstlerische Qualität ungenügend» als Absagegrund ist nicht verwertbar.
- KiöR hat ein grosses Potential, welches nicht wirklich wahrgenommen wird. Je nach Standort eines Projekts kann über längere Zeit sehr grosses Laufpublikum erreicht werden. Damit sich dieses Publikum auch als solches wahrnehmen kann, sollte eine Form gefunden werden, wie Fragen, Inhalte und Projekte aktiv kommuniziert und vermittelt werden können.
KiöR
Kunst im öffentlichen Raum kann und sollte einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Die dem sauren Regen ausgesetzten Kunstwerke sind nicht temporären Events gleichzusetzen, die kurz aufblitzen für ein kurzes Amüsement unter Freunden. Es ist richtig bildhauerische Arbeiten im urbanen Raum so zu platzieren, dass sie wahrgenommen werden können, als Artefakte einer anderen Zeitrechnung. Einem anderen Leben gewissermaßen, indem z.B. Muse, Kontemplation und Langeweile den Menschen in Beschlag nehmen. Die KiöR hat die Aufgabe Kunst auf öffentlichen Plätzen und Wegen in einen Diskurs zu stellen, verbunden mit der Frage, wie mit der Tradition der Plastiken in Zukunft zu verfahren ist, wie Bestehendes ergänzt werden kann und wo neue Objekte entstehen können. Klötze, Konstrukte oder Büsten, die im geschäftigen Alltag auch wirklich im Weg stehen und nicht modische Eintagsfliegen oder Bettmümpfeli-Rüsseltiere. Bildhauerische Arbeiten verlangen vom Künstler vorausblickende mutige Entscheidungen, die auch Risikobereitschaft beinhaltet. Es braucht Überzeugung und Entscheidungsfreude, um etwas Beeindruckendes zu generieren. Wer diese Tradition erhalten will, muss seine Zögerlichkeit ablegen. Diesen Luxus müsste sich Bern leisten können. Dass in der KiöR kein Kunstschaffende als Experten einsitzen, mag ein historischer Zufall sein. Oft ist es aber so, dass man das Künstliche heute einfach viel lieber ohne Künstler organisiert. Karusselle an Quartierfesten, Gauklergage beim jährlichen Empfang des chinesischen Botschafters, das YB-Transparent unter der Kirchenfeldbrücke, gehören dann bald ins Pflichtenheft der Abteilung Kultur, oder Neudeutsch: Pimp-my-Bern.